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Rezensionen zu:

Michael P. Leiter, Christina Maslach: Burnout erfolgreich vermeiden: Sechs Strategien wie Sie Ihr Verhältnis zur Arbeit verbessern.

Michael P. Leiter, Christina Maslach: Burnout erfolgreich vermeiden: Sechs Strategien wie Sie Ihr Verhältnis zur Arbeit verbessern. Wien, New York: Springer, 2007., 197 Seiten, Softcover, 29,95 € (D), 29,95 € (A), 49,00 CHF.


Wider den Burnout am Arbeitsplatz

Die Krankenkassen melden regelmäßig, dass die Fehlzeiten und Berentungen wegen psychischer Probleme am Arbeitsplatz überproportional zunehmen. Zudem haben sich die Verhältnisse am Arbeitsplatz massiv verändert: Denn: „Jobs sind nicht auf ewig. Oft wechseln wir unseren Arbeitsplatz im Verlauf unseres Berufslebens viele Male. Wir werden hinausgeworfen, freigesetzt, befördert, bekommen bessere Angebote, haben die Nase voll und kündigen“ (S. 158). So ist es außerordentlich begrüßenswert, dass das im englischen Original von Michael P. Leiter und Christina Maslach unter dem Titel „Banishing Burnout: Six Strategies for Improving Your Relationship with Work“ veröffentlichte Buch jetzt auch in deutscher Übersetzung vorliegt. Denn Burnout ist verlorene Energie, verlorene Begeisterung und verlorenes Vertrauen.
Michael P. Leiter hat an der Acadia University in Nova Scotia, Kanada den Forschungslehrstuhl für Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz inne und leitet das Center for Organizational Research & Development (Zentrum für Organisationsforschung & Entwicklung). Christina Maslach – sie wollte eigentlich Profi-Balletttänzerin werden – leitet den Bereich Undergraduate Education an der University of California, Berkeley. Bekannt wurde sie als Pionierforscherin über Burnout am Arbeitsplatz und Autorin des weit verwendeten Maslach Burnout Inventory (MBI).
Als die eigentlichen Problembereiche bei der Arbeit sehen die Autoren die Arbeitsbelastung an sich, Kontrollprobleme, Belohnungsprobleme, Gemeinschaftsprobleme, Fairness- und Werteprobleme an. In dem Buch wird nach der Analyse des eigenen Verhältnisses zur Arbeit die „to do“-Ebene sehr gepflegt, indem für jeden der sechs relevanten Bereiche immer ein Aktionsplan angeregt wird, in dem das Problem exakt definiert wird, Ziele gesetzt werden, das Handeln erläutert, hierfür ein Zeitrahmen angesetzt wird und der Fortschritt verfolgt werden soll. Konkrete Fallbeispiele veranschaulichen die Problemdefinition und Zielsetzung, das Handeln und die Verfolgung des Fortschritts. Besonderer Wert wird auf die Nachkontrolle gelegt.

Zunächst kann der Leser einen ausführlichen „Mein Verhältnis zur Arbeit“-Test durchführen, dessen Ergebnis Grundlage der zu verändernden Bereiche darstellt, und damit sein eigenes psychologisches Verhältnis zur Arbeit aufzeichnen. Daraufhin gibt es eine Anleitung zum Erstellen eines Aktionsplanes. Schritt Drei vermittelt Handlungsstrategien: Die Beschäftigung mit Selbstentwicklungsaktivitäten, dem Ausüben von Einfluss, dem Ergreifen der Initiative, dem Einsatz von Druckmitteln und dem Stellen eines Ultimatums, letztgenanntes – eine ultima ratio – will allerdings gut überlegt sein, da es einen risikoreichen Ansatz darstellt. Im nicht zu vernachlässigenden Schritt Vier wird dann der Fortschritt verfolgt.
Als allgemeine Richtlinie gilt, dass man mit Widerstand bei der Veränderung rechnen muss. Hilfreich ist es, sich Verbündete zu suchen, die Risiken zu bewerten und positiv zu bleiben, d. h. einen Hang zum Handeln zu entwickeln, eine optimistische Einstellung beizubehalten und im Mittelpunkt zu bleiben.

Anschauliche Fallbeispiele illustrieren die theoretischen Abschnitte. Sie sind realistisch, zeigen, dass sich einiges verändern lässt, wenn auch oft nicht alles, es aber gelingen kann, für beide Seiten ein größeres Maß an Zufriedenheit zu erzielen, mithin win-win-Situationen zu schaffen und aus negativen Verhaltenszirkeln herauszukommen.
Allenfalls das Kapitel über Werte bleibt etwas nebulös. Hier stellt sich oft die Frage, ob die Verhältnisse jenseits des Atlantiks auf deutschsprachige Arbeitswelten so einfach übertragbar sind, oder was auch kulturgebunden zu sehen ist.

Es lohnt sich aber, wie auf Seite 168 vorgeschlagen, das Buch als ständigen Begleiter im Bücherregal aufzubewahren, um sich mit den Strategien vertraut machen zu können, wenn man sie wieder braucht. Weitere hervorragende Informationen sind auf der Website CORD.acadiau.ca abrufbar. Hier ist es möglich, Fragen zu stellen, einer Diskussionsgruppe beizutreten und aktuelle Informationen über die Bewältigung von Burnout abzurufen. Des Weiteren können auch die im Buch verwendeten Formulare heruntergeladen und ein Profil erstellt werden, das das Anfangs- mit dem Nachkontrollprofil vergleicht. Auf der Website werden die Themen des Buches laufend aktualisiert.

So ist es insgesamt sehr begrüßenswert, dass dieser Meilenstein jetzt auch auf Deutsch vorliegt. Das Buch hätte allerdings eine sorgfältigere Übersetzung verdient gehabt: Über weite Passagen liest sich der Text nicht sehr flüssig, eher holprig. Auch fällt peinlich auf, dass der Name des Erstautors auf dem Haupttitelblatt in „Leitner“ abgeändert wurde.

Fazit: Die Autoren geben ihre profunde Kenntnis und Erfahrung über die Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten von beruflich bedingtem Burnout in diesem hochstrukturierten und gewinnbringend durchzuarbeitenden Buch weiter. Es ist ein sehr empfehlenswert Buch, um die eher unterbelichteten Seiten einer Psychosomatischen Arbeitsmedizin zu erhellen.

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Steffen Häfner
Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik
Abteilung Innere Medizin VI
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

steffen.haefner@med.uni-tuebingen.de
www.medizin.uni-tuebingen.de

Kurzvita

Dr. med. Steffen Häfner, geb. 1963, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Naturheilverfahren. Oberarzt an der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Medizinischen Universitätsklinik Tübingen. Tätigkeitsschwerpunkte: Psychosomatische Tagesklinik, Psychosomatische Ambulanz, Psychosomatischer Konsiliar- und Liaisondienst, chronische Schmerzsyndrome. Forschungsschwerpunkte: Psychosomatische Versorgungsepidemiologie, Mobilitätsforschung.